Das Auto

Der Autokauf:
Zu aller erst einmal könnten wir uns selbst dafür in Arsch treten, dass wir den Autokauf nicht mit Fotos dokumentiert haben. Es wird jedenfalls eine unvergessliche Aktion bleiben.
Die Tickets für die Fähre haben wir zwar schon im März gebucht, um den Frühbucherrabatt einzusacken, dass wir die Reise letztendlich aber überhaupt erst antreten können hat sich dann erst Anfang Juni entschieden. Notfalls hätten wir die Tickets bei Ebay verschleudern müssen.
Ein Gefährt musste her. Von den Anforderungen her möglichst eines, mit viel Platz (da wir quasi 2 Wochen im Auto wohnen) und in einwandfreiem, technischen Zustand sollte es auch sein. Kosten durfte es natürlich möglichst nichts.
Damit wurde „Mission Impossible 4“ geboren.
Rams war von Anfang an auf einen Chrysler Voyager fixiert. Damit konnte ich mich dann auch sofort anfreunden. Es war eigentlich das perfekte Auto.
Es gestaltete sich als relativ schwierig, ein Modell zu finden, das unseren Vorstellungen entsprach. Entweder war das Getriebe defekt, oder der Motor war dermaßen stark, das die Karre über 15L/100KM verbraucht und die KFZ Steuer und Versicherung ins unermessliche schnellt.
Nach dem Abklappern diverser ausländischer Händler irgendwo nahe der Venloer Str. (auch wenn man kein Auto kaufen will, sehr empfehlenswert und interessant!) war uns klar, dass wir uns nicht zu sehr auf den Voyager festlegen sollen.  Aber auch andere, vergleichbare Modelle waren hier doch eher die Ausnahmen.
Rams kannte glücklicherweise  noch einen Händler an der Äußeren Kanalstraße in Ehrenfeld.
Als wir dort ankamen war uns eines klar: Jörg und Dragan gibt es auch in einer persischen Parallelwelt.  Der riesige Schotterparkplatz war ziemlich verwinkelt und viele glitzernde Girlanden überspannten die unglaublich vielen, rostigen Auto von oben.
Das Verkaufsbüro war ein umgebauter Baustellencontainer. Ein freundlicher Mitarbeiter kam sofort auf uns zu und zeigte uns nach kurzem Smalltalk einen Chrysler Voyager.
Den Preis wollte er nicht direkt verraten, sondern sagte nur: „Der Chef will viel Geld dafür haben“. Als Rams nach einem Rabatt für Landsmänner fragte, war das Eis gebrochen und wir wurden in den Container gebeten.
Auf dem Weg dorthin wollte Ning mit seinen Persisch Kenntnisse glänzen, woraufhin Ihm Rams sofort den Mund zuhielt und dem Autoverkäufer erklärte, dass die Wörter, die er Ning beigebracht hat, bei fremden Leuten nicht so gut ankämen.
Im Baucontainer angekommen begrüßte uns ein etwas unsympathisch wirkender, extrem fetter Chef. An den Innenwänden des Containers hingen eine ganze Menge Bilder von Iranischen Landschaften. Auch interessant war das Mauspad des Chefs: Ein Gebetsteppich im 1:8 Maßstab. Ein anderer Mitarbeiter bot uns Tee an. Wir lehnten dankend ab. Darauf drückt uns der Chef einen Apfel in die Hand, mit dem Kommentar: „Hier, hinten in Küche findest Du Messer. Schneidest Du in Mitte durch und teilst Du mit Deine Freund.“. Alles klar, ein Apfel hat schließlich noch keinem geschadet.
Danach folgte eine ca. 10 Minütige Konversation zwischen Rams und dem Chef auf Persisch. Dann sagte dieser plötzlich auf Deutsch: „Alles klar machen wir“.
Ning: „Was machen wir?“ Rams:“ Der verkauft uns den Voyager für 600 EUR und kauft uns den nach dem Urlaub wieder für 400 EUR ab, wenn er noch funktioniert.“.
Wir waren beide überrascht und unser Gehirn spielte diverse Szenarien durch, um den Haken an der Sache zu finden.
Zuerst aber wollten wir uns aber mal das gute Stück anschauen. Die Ehre uns den Wagen zu zeigen wurde dem Handlanger „Ebi“ zugeteilt, mit dem wir nach und nach immer besser ins Gespräch kamen.
Ebi war 53, ebenfalls Perser und ein wirklich sehr abgedrehter und lustiger Vogel.
Zurück zum Auto: Der Wagen stand zwar in der vorletzten Ecke, wirkte optisch aber einwandfrei und sprang, auch zur Überraschung  von Ebi, ohne Murren an.
Während einer Zigarettenpause mit Ebi (musste heimlich sein, da der Chef rigoroser Nichtraucher ist) erklärte er uns, dass der Chef ein Langweiler sei, da er weder raucht noch, wie Ebi selbst“ dem Alkoholismus verfallen“ sei. Ebi erklärte uns, dass er nur 55 Jahre alt werden will (bedingt durch seinen Lebensstil) und er seinen Sohn damit beauftragt hat,  auf seinen Grabstein zu schreiben: „Papa hat gelebt!“
Zurück im Baucontainer des Chefs: Wir erklärten ihm, dass wir sein Angebot gerne annehmen, das Auto aber am nächsten Morgen noch bei einem befreundeten Mechaniker begutachten lassen wollen und dafür dann mit Tageskennzeichen vorbeikommen würden. Daraufhin schaute er uns leicht entsetzt an. Ganz getreu dem Motto: „Iraner betrügen nicht“
Er ließ sich dann aber doch darauf ein und Ebi rief uns hinterher: „Aber bringt genug Zeit mit, ich mag keinen Stress. Trinken wir dann erst mal gemütlich einen Tee und unterhalten uns etwas“.
Am nächsten Morgen fuhren wir ganz früh zur Zulassungstelle nach Poll, ohne uns jedoch konkret über die Öffnungszeiten zu informieren. Sei es drum, die 2 Stunden Wartezeit haben sich im Nachhinein gelohnt.
  1. Waren wir nach Öffnung sofort an der Reihe und 2. lernten wir einen Autohändler kennen, über den wir die Kennzeichen später 20 EUR günstiger bekamen.
Ein Problem sollte es allerdings noch geben: Die gut aussehende Dame der Zulassungstelle (Frau Berthé) benötigte die Fahrgestellnummer, um diese für die Ausstellung der Kurzzeitkenneichen der Versicherung zu übermitteln.
„Scheisse Alter, was jetzt? Hast Du die riesige Schlange draußen gesehen? Da gleich nochmal anstellen?“ Das Model erklärte uns, dass wir uns nicht nochmal anstellen müssen und einfach wieder zu Ihr kommen sollen, wenn wir die Nummer haben. (Dabei dachten wir uns: Ihre Nummer wäre auch nicht verkehrt, um anschließend mit Ihr eine Nummer zu schieben). Leider blieb es bei dem Hirngespinst.
Glücklicherweise hatten wir uns eine Visitenkarte des Händlers eingesteckt „Kaufe jeden Wagen. Alter, Unfall, Zusatnd egal!“
Nachdem wir den Chef aus dem Bett geklingelt hatten, sagte er uns, er sucht uns die Fahrgestellnummer heraus, dauert 10 Minuten.
Nach 10Minuten und einer Zigarette riefen wir ihn erneut an und erlebten eine kleine Überraschung: „Es gibt kleine Probläm mit Auto. Voyager hat keine Papiere und keine Tüvberischt aber ich habe super Renault Espace für Euch“ „Ja, ist ok, gib mal die Fahrgestellnummer“. Gesagt, getan.
Wir schlängelten uns an der wirklich riesigen Schlange vor der Zulassungsstelle vorbei („Ey Ihr Spinner stellt Euch hinten an“ „Halt´s Maul, wir waren schon drin, hatten nur was vergessen“.
„Miss Straßenverkehrsamt“gab uns nun die Lizenz für die Tageskennzeichen, die wir dann in einer Bruchbude in „Klein Moskau“ in Empfang nahmen (Empfehlung von o.g. Autohändler, den wir lustigerweise nochmal widertrafen und sein Auto begutachten konnten – einen Chrysler Voyager. „Willst du den nicht günstig verkaufen?“ „Nein“.
Auf dem Weg zum Autohändler fuhren wir dann auf der A4 in den einzigen Stau, den der Verkehrsfunk zu dieser Zeit in NRW meldete. 6KM. Nach ca. 1 Stunde furhen wir dann auf den Parkplatz des Händlers und Ebi empfang uns freundlich. Wir waren natürlich auf das Auto gespannt. Als wir zuvor noch im Stau standen, haben wir, der UMTS Technik sei Dank, das Modell des „Espace“ gegoogelt und es prinzipiell für tauglich befunden.
Ebi führte uns, an den Massen alter Autos vorbei, zum Renault Espace, der in der allerletzten Ecke stand.
Man kann sagen, dass der Wagen auf den 1. Blick nicht gut aussah. Eigentlich haben wir in den über 25 Jahren unseres Lebens noch nie einen so hässlichen, ekelhaften und kaputten Gegenstand gesehen, wie diesen Haufen Scheisse, der sich „Renault Espace“ schimpfte.
Um mal wirklich nur das aufzuzählen, was man auf den 1. Blick sah:
-          Motorhaube an einer Seite abgerissen (Ebi: „Kein Problem, macht Chef wieder fest“)
-          Seitenfenster links und rechts defekt (immerhin mit Folie abgeklebt)
-          Sitze und Gurte völlig verschimmelt
Wir überlegten, ob wir nicht lieber einen anderen, kleineren Wagen nehmen sollten. Diesen Plan verwarfen wir aber schnell, da uns einfiel, dass die Kennzeichen ja nur für diesen verfickten Espace gültig waren.
Ning: „Vielleicht sieht der Wagen ja nur scheisse aus und fährt sich gut“.
Dann fragten wir uns, wie zum Teufel nochmal wir eigentlich eine Probefahrt machen sollten, wo der Wagen doch hier in der letzten Ecke steht. „Hey Ebi, da müssen doch mal locker 20 Auto wegrangiert werden, um den durch die Gasse nach draußen zu bekommen?!“ „JAJA, mache ich aber gerne für Euch, weißt Du, wenn Leute Auto noch nicht gekauft haben, wir machen alles, aber wenn Auto verkauft dann nicht mehr“.
Nun schweiften unsere Gedanken um ca. 18 Stunden zurück: Wir sollten viiiieel Zeit mitbringen. Von wegen Tee trinken und eine Abneigung gegenüber Hektik. Eiskalt geplant war das.
Rangieren stand auf dem Programm. Von den 20 Autos, die im Weg standen, sprangen ca. 5 sofort an, der Rest musste mit Hilfe einer mobilen Batterie und Überbrückungskabeln gestartet wurden. Ein Problem war, dass Rams, Ning, Ebi und ein weiterer Gehilfe die Wagen vor den Autohandel, auf einen öffentlichen Parkplatz parken sollten und auf dem Weg dahin ein ordentliches Gefälle war. Das Gefälle an sich war nicht das Problem, eher aber die nicht wirklich packenden Bremsen „Bremst du auch mit Handbremse“.
Nach 1,5 Stunden hatten wir den Espace dann endlich aus seiner Ecke herausmanövriert. Wir legten die Kennzeichen auf die Ablagefläche und wollten starten. Perfektionist Ebi meinte:“ So geht das nicht, wenn Ecuh die Polizei anhält, kostet das 20 Euro Strafe, wir müssen die Kennzeichen richtig befestigen.“ Also besorgte er eine Kabeltrommel / Verlänerungskabel und eine Bohrmaschine.
„Ebi, wo willst du die Kennzeichen denn befestigen?“. Keine Antwort, aber mit Kippe im Mundwinkel bohrte er sie einfach in das Blech des Autos. Geiler Typ!
Nun konnte Sie also losgehen, die Testfahrt. Rams hatte die Ehre den Motor zu starten und vom Hof zu rollen.
Glücklicherweise war auf der Nebenstraße im Gewerbegebiet nichts los, denn wir mussten feststellen, dass ein Auto ohne Bremsen ziemlich uncool ist.
Rams: „Ey Ning, der Wagen bremst nicht“ Ning: „Ja, laber keinen Scheiss, tritt einfach mal richtig aufs Pedal.“ Rams: „Ich schwöre, die Bremsen gehen nicht. Guck!“ Nachdem Rams das sagte, trat er bei ca. 30 KM/H mit voller Wucht aufs Bremspedal und riss die Hände dabei vom Lenkrad in die Höhe. „Hier, siehst Du? Nichts passiert. Verdammte Scheisse! Überzeug dich selber!“ Nachdem das Auto ausgerollt war, wollte Ning auch einmal dieses Feeling haben. Platzwechsel, beschleunigen auf 20KM/H, Vollbremsung – Nichts! „Scheisse, fahr Du zurück!“
Wir erholten uns noch ca. 5 Minuten von dem Schock und überlegten uns, dass wir, unabhängig von der Action die wir heute hatten, in einigen Wochen über die Story lachen können.
Nun fuhren wir also zurück zum Händler, welcher uns mit riesigen Augen anguckte. Wir erklärten ihm was Sache ist und er inspizierte das Auto ganz genau. Dann sagte er: „Bremse ist kaputt, Motor aber noch gut. Wir können repariere“.
Wir blickte uns an und wussten beide, wir müssen dringend hier weg. Zum Glück kamen gerade andere Interessenten für einen Kleinwagen, die den Händler etwas ablenkten.
Wir besorgten schnell an der gegenüberliegenden Tankstelle einen 6Pack Becks und verabschiedeten uns damit von Ebi.
Ohne Auto kehrten wir dann nach insgesamt 8 Stunden „Urlaub“ zurück in die Realität.
Am nächsten Tag, Sonntag, durchforsteten  wir spaßeshalber mal bei Kalydo.de die Kleinanzeigen. Wir wollten nichts mehr mit Autohändlern zu tun haben.
Wir vereinbarten 2 Probefahrten bei Privatleuten (VW Passat, 450T KM + Ford Mondeo 220t KM).
Den 1. Termin erhielten wir bei dem Mondeo Menschen. Wir trafen uns mit einem voll tätowierten Mann, mittleren Álters.
„Mir haben Sie den Führerschein für eine sehr lange Zeit abgenommen. Ich hatte schon Dreck am Stecken und bin dann mit 170 in einer Baustelle angehalten worden.“
Der Wagen war super! Richtig gut gepflegt, allen SchnickSchnack und scheckheftgepflegt. Quittungen über alle Reparaturen waren vorhanden.
Nach einer Probefahrt war uns klar: Die Kiste nehmen wir!
750 Euro wollte der Besitzer. Wir boten 650 EUR + 1 Kiste Bier. Daraufhin wurde der (noch) Besitzer laut: „Bier? Was soll ich damit? Ich hatte vor 2 Monaten einen Herzinfarkt!!“
Wir korrigierten unseren Vorschlag auf 650 EUR und keine Kiste Bier und einigten uns letztendlich auf 670 EUR, wovon er uns einen 10er wieder zusteckte „Hier, Spritgeld“.
Wir fuhren nun mit unserem neuen Auto zur nächsten Tankstelle und kauften uns 2 Flaschen Kölsch und eine Packung Zigaretten. Dann fuhren wir auf irgendeinen dämlichen Bauernhof kurz vor der Autobahnauffahrt, wo wir dann auf unseren Autokauf anstießen und eine rauchten.
Den 2. Termin wollte Ning telefonisch absagen. Kommentar Rams: „Ey, das ist genau so ein Ausländer wie der Typ gestern, den juckt das nicht ob wir kommen oder nicht“ „Alles kar“
10 Minuten später kingelt Nings Telefon: „Allo, hier Machmut von Kleinanzeige Passat. Wann komme Auto gucke? Aber ich nichts Schlüssel haben“
Danke Tätowierter Mann, Du hast uns einen weiteren Ausfug in eine Parallelwelt erspart…